Als Software-Entwickler stehe ich täglich vor der Herausforderung, die richtige Balance zwischen technischer Exzellenz und praktischer Umsetzbarkeit zu finden. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen teilen, wie man eine nachhaltige und wartbare Software-Architektur entwickeln kann, auch unter realen Bedingungen und Zeitdruck.
Die Grundlagen: Die richtigen Fragen stellen
Bevor wir uns in die technischen Details stürzen, sollten wir uns zunächst die wichtigsten Fragen stellen:
- Welches konkrete Problem soll die Software lösen?
- Wer ist die Zielgruppe und wie groß ist diese?
- Welche Änderungen oder Erweiterungen sind in Zukunft zu erwarten?
Diese fundamentalen Fragen ermöglichen es uns, erste architektonische Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel aus unserer Praxis: Wir entwickeln Zusatzsoftware zur Datenextraktion aus ERP-Systemen. Da diese Software nicht direkt von Endbenutzern bedient wird, können wir hier andere architektonische Maßstäbe anlegen als bei einer benutzerorientierten Anwendung.
Die häufigsten Fallstricke
In meiner täglichen Arbeit beobachte ich immer wieder verschiedene Gründe für suboptimale Architekturentscheidungen:
- Fehlendes fachliches Wissen
- Zu viele technische Abhängigkeiten
- Mangelndes technisches Know-how
- Unzureichende Dokumentation
- Fehlende Tests
Lösungsansätze aus der Praxis
1. Strukturierte Dokumentation mit Arc42
Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse: Arc42 als Dokumentationsframework kann wahre Wunder bewirken. Es hilft uns dabei:
- Software in überschaubare “Boxen” zu unterteilen
- Probleme systematisch herunterzubrechen
- Abhängigkeiten zwischen Anwendungsteilen klar zu definieren
Noch bevor die erste Zeile Code geschrieben wird, haben wir damit eine klare Zieldefinition für unsere Applikation.
2. Fachlichkeit vor Technik
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Priorisierung: Die fachliche Implementierung sollte immer vor der technischen Umsetzung stehen. Konkret bedeutet das:
- Erst das fachliche Problem verstehen und lösen
- Technische Implementierungsdetails bewusst zurückstellen
- Test-Driven Development (TDD) nutzen, um fachlichen Code zu validieren
3. Kontinuierliche Weiterbildung
Entwickler sollten sich intensiv mit modernen Konzepten auseinandersetzen:
- Domain-Driven Design (DDD)
- SOLID-Prinzipien
- Clean Code-Praktiken
Diese Konzepte helfen dabei, Architekturentscheidungen besser zu verstehen und nachhaltigere Software zu entwickeln.
Der Umgang mit Zeitdruck
Eine realistische Betrachtung des Zeitfaktors ist essentiell. Dabei gibt es zwei Perspektiven:
- Die Entwicklerseite: Wir wissen, dass Entwickler oft schlecht in Aufwandsschätzungen sind.
- Die Business-Seite: Kunden oder Unternehmen müssen Zeit und Geld investieren.
Mein Vorschlag: Statt nur nach Entwicklerschätzungen zu fragen, sollten wir auch die Gegenfrage stellen: “Wieviel sind Sie bereit zu investieren, um dieses Feature zu bekommen?” Diese Herangehensweise führt oft zu produktiven Diskussionen und realistischeren Erwartungen.
Fazit: Der Weg zur besseren Architektur
Zusammenfassend lassen sich folgende Kernpunkte festhalten:
- Fokus auf fachliche statt technische Probleme
- Technische Implementierungen so spät wie möglich festlegen
- Strukturierte Dokumentation (z.B. mit Arc42) nutzen
- Kontinuierlicher Aufbau von fachlichem und technischem Know-how
- Einsatz moderner Entwicklungspraktiken wie TDD
Der Weg zu einer besseren Software-Architektur ist nicht einfach, aber er lohnt sich. Bei uns im Team sehen wir bereits deutliche Fortschritte, und ich bin zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Dieser Artikel basiert auf meinen persönlichen Erfahrungen in der Software-Entwicklung. Ich freue mich über Ihre Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema!